Kennen Sie den Unterschied zwischen einer anlassunabhängigen und einer anlassbezogenen Gefährdungsbeurteilung Schwangerschaft? Falls nicht, sind Sie nicht allein. Tatsächlich gibt es sogar Betriebe, die gar keine Gefährdungsbeurteilung gemäß dem Mutterschutzgesetz vorweisen können. Manche haben lediglich die anlassunabhängige Variante, andere wiederum nur die personenbezogene Gefährdungsbeurteilung Schwangerschaft.
Ganz schön kompliziert? Keine Sorge, es wird noch spannender! Seit dem 01. Januar 2025 gibt es nämlich eine neue Regelung zur allgemeinen Gefährdungsbeurteilung Schwangerschaft. Doch bevor Sie den Überblick verlieren: Als Fachkraft für Arbeitssicherheit nehmen wir Sie an die Hand und erklären Ihnen in diesem Beitrag Schritt für Schritt, worauf es wirklich ankommt, um alle gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen – und das ganz ohne Kopfzerbrechen!
Was ist eine anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung Schwangerschaft?
Eine allgemeine Gefährdungsbeurteilung (abgekürzt GBU) nach dem Arbeitsschutzgesetz (§ 5 ArbSchG) muss bereits eine Schwangerschaft berücksichtigen – sie wird also „anlassunabhängig“ durchgeführt, egal, ob aktuell Frauen, Schwangere oder Stillende im Betrieb beschäftigt werden.
Das Mutterschutzgesetz (MuSchG) bzw. die mutterschutzrechtliche Gefährdungsbeurteilung nach § 10 MuSchG ergänzt diese Vorgaben, indem sichergestellt wird, dass schwangere oder stillende Frauen ihre Tätigkeit ohne unverantwortbare Gefährdung ihrer Gesundheit oder der ihres Kindes ausüben können.
Für wen gilt das Mutterschutzgesetz?
Das Mutterschutzgesetz gilt für alle werdenden Mütter, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, einschließlich Teilzeitbeschäftigter, Hausangestellter, Heimarbeiterinnen und Frauen in beruflicher Ausbildung mit einem Arbeitsvertrag (Praktikantinnen, Schülerinnen und Studentinnen). Auch geringfügig Beschäftigte fallen unter den Schutz des Mutterschutzgesetzes. Die Staatsangehörigkeit und der Familienstand spielen dabei keine Rolle – entscheidend ist, dass der Arbeitsplatz in Deutschland liegt.
Ausgenommen vom Mutterschutzgesetz sind Selbstständige, Geschäftsführerinnen, Organmitglieder sowie Hausfrauen und Adoptivmütter. Für Beamtinnen und Soldatinnen gelten spezielle Regelungen im Beamtenrecht bzw. der Mutterschutzverordnung.
Ziel der anlassunabhängigen Gefährdungsbeurteilung Schwangerschaft
Als Arbeitgeber müssen Sie alle Arbeitsplätze und Tätigkeiten in Ihrem Unternehmen auf potenzielle Gefährdungen hin überprüfen, die zukünftig auch für Schwangere oder Stillende relevant sein könnten. Dabei werden Art, Ausmaß und Dauer der möglichen körperlichen, chemischen und psychischen Belastungen beurteilt.
Danach werden die Ergebnisse dokumentiert sowie entsprechende Schutzmaßnahmen in folgender Reihenfolge festgelegt:
- Keine Schutzmaßnahmen erforderlich: Wenn keine Gefährdung besteht, kann die Tätigkeit unverändert fortgeführt werden.
- Umgestaltung der Arbeitsbedingungen: Falls Gefährdungen vorliegen, müssen die Arbeitsbedingungen angepasst werden, z. B. durch technische, organisatorische oder persönliche Schutzmaßnahmen.
- Fortführung der Tätigkeit nicht möglich: Ist weder eine Anpassung noch eine sichere Fortführung der Tätigkeit möglich, muss ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden.
Durch dieses vorausschauende Vorgehen (= präventiver Arbeitsschutz) stellen Sie sicher, dass Sie bei Bekanntwerden einer Schwangerschaft sofort angemessen reagieren und die ermittelten Schutzmaßnahmen umgehend umsetzen können.
Was passiert, wenn Sie die anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung Schwangerschaft nicht durchführen?
Vor den Augen des Gesetzes (§ 32 Abs. 1 Nr. 6 MuSchG – „Bußgeldvorschriften“) begehen Sie damit eine Ordnungswidrigkeit. Das kann für Ihr Unternehmen nicht nur rechtliche Konsequenzen haben, sondern auch Ihrem Ruf schaden.
Ausnahmen von der anlassunabhängigen Gefährdungsbeurteilung Schwangerschaft
So weit, so klar. Seit 01.01.2025 gibt es jedoch ein paar Abweichungen vom bisherigen Prozedere. Denn mit diesem Zeitpunkt wurde im Mutterschutzgesetz eine wichtige Änderung eingeführt. Diese besagt, dass man unter bestimmten Bedingungen keine anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung Schwangerschaft durchführen muss.
Wann müssen Sie keine anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung Mutterschutz durchführen?
Der Ausschuss für Mutterschutz (AfMu) veröffentlicht für bestimmte Tätigkeiten oder Arbeitsbedingungen sogenannte Mutterschutzregeln (MuSchR) oder AfMu-Regeln. Darunter sind alle Tätigkeiten oder Arbeitsbedingen zu verstehen, die vom AfMu für schwangere oder stillende Frauen als unzulässig eingestuft wurden.
In solchen Fällen übernimmt die AfMu-Regel die Beurteilung und Sie als Arbeitgeber müssten dann keine eigene anlassunabhängige Gefährdungsbeurteilung mehr durchführen. Aber nur, wenn die tatsächlichen Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen in Ihrem Betrieb den Vorgaben der veröffentlichten Regeln des Mutterschutzausschusses entsprechen.
Die Voraussetzungen für den Wegfall der anlassunabhängigen Gefährdungsbeurteilung Schwangerschaft im Überblick:
Voraussetzung | Erläuterung |
Vorliegen einer Mutterschutzregel (MuSchR) | Es muss eine veröffentlichte Regel des Ausschusses für Mutterschutz (AfMu) existieren, die die jeweilige Tätigkeit oder Arbeitsbedingung abdeckt. |
Veröffentlichung im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) | Die Mutterschutzregeln werden im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBL) veröffentlicht und sind somit offiziell verfügbar. |
Übereinstimmung der betrieblichen Bedingungen mit den AfMu-Regeln | Die Tätigkeiten oder Arbeitsbedingungen im Betrieb müssen vollständig mit den Vorgaben der veröffentlichten Regeln übereinstimmen. |
Vermutungswirkung der MuSchR | Bei Einhaltung der AfMu-Regeln können Sie als Arbeitgeber sicher davon ausgehen, dass alle gesetzlichen Anforderungen des Mutterschutzgesetzes erfüllt sind. |
Noch kaum AfMu-Regeln veröffentlicht: Bürokratieentlastung bleibt vorerst begrenzt
Die Anpassungen des Mutterschutzgesetzes zum 1. Januar 2025, die im Rahmen des Vierten Bürokratieentlastungsgesetzes (BEG IV) umgesetzt wurden, sollen Arbeitgeber durch effizientere bürokratische Prozesse entlasten.
Hier sollen insbesondere die Mutterschutz-Regeln klare Vorgaben zu unzulässigen Tätigkeiten und Arbeitsbedingungen schaffen und so den administrativen Aufwand für Unternehmer reduzieren. Bislang wurde jedoch lediglich eine Regel veröffentlicht: die MuSchR 10.1.01 – Gefährdungsbeurteilung (Stand: Februar 2025).
Diese Regel konkretisiert wichtige Aspekte wie die Gestaltung von Arbeitsbedingungen und Schutzmaßnahmen, deckt jedoch nur einen begrenzten Bereich ab. Für viele Betriebe bedeutet dies, dass sie weiterhin individuelle Gefährdungsbeurteilungen durchführen müssen – insbesondere bei komplexen oder spezialisierten Arbeitsbedingungen.
Die erhoffte Bürokratieentlastung und tatsächliche Nutzen der neuen Regelungen bleiben vorerst überschaubar, solange der Ausschuss für Mutterschutz keine weiteren praxisnahen Regeln veröffentlicht. Als Arbeitgeber müssen Sie nach wie vor selbst prüfen und dokumentieren, ob Ihre betrieblichen Bedingungen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
Was ist eine anlassbezogene Gefährdungsbeurteilung Schwangerschaft?
Diese Art der Gefährdungsbeurteilung nach § 10 Absatz 2 MuSchG erfolgt immer unmittelbar nach der Bekanntgabe einer Schwangerschaft oder Stillzeit.
Anhand der anlassunabhängigen Gefährdungsbeurteilung (oder falls zukünftig vorhanden, anhand einer dementsprechenden AfMu-Regel) wird eine Prüfung auf Aktualität und Vollständigkeit vorgenommen. Basierend darauf werden anschließend konkrete Schutzmaßnahmen in einer festgelegten Rangfolge (nach § 13 MuSchG) beschlossen.
Reihenfolge der Schutzmaßnahmen bei einer personenbezogenen GBU Mutterschutz
Wenn bei der Gefährdungsbeurteilung unverantwortbare Gefährdungen für eine schwangere oder stillende Frau festgestellt werden, müssen Arbeitgeber Schutzmaßnahmen in folgender Rangfolge ergreifen:
- Umgestaltung der Arbeitsbedingungen:
Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die Arbeitsbedingungen so anzupassen, dass die Gefährdung ausgeschlossen wird. Dies kann durch technische, organisatorische oder andere Maßnahmen erfolgen (§ 9 Abs. 2 MuSchG). - Einsatz an einem anderen Arbeitsplatz:
Ist eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen nicht möglich oder aufgrund eines unverhältnismäßigen Aufwandes unzumutbar, muss die schwangere oder stillende Frau an einen anderen geeigneten und zumutbaren Arbeitsplatz versetzt werden, sofern ein solcher verfügbar ist. - Beschäftigungsverbot:
Kann weder durch Umgestaltung noch durch einen Arbeitsplatzwechsel die Gefährdung ausgeschlossen werden, darf die Frau nicht weiter beschäftigt werden. In solchen Fällen greift ein betriebliches Beschäftigungsverbot.
Zusätzlich gilt: Heimarbeit darf nicht an schwangere oder stillende Frauen vergeben werden, wenn unverantwortbare Gefährdungen nicht durch Schutzmaßnahmen ausgeschlossen werden können (§ 13 MuSchG).
Sollten sich Veränderungen im Arbeitsumfeld oder gesundheitliche Probleme im Laufe der Schwangerschaft oder Stillzeit ergeben, müssen Sie die Gefährdungsbeurteilung Schwangerschaft dementsprechend aktualisieren.
Gut zu wissen: Schwangere haben die gleichen gesetzlich geregelten Pausenzeiten wie alle anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Für stillende Mütter hingegen gelten besondere gesetzliche Pausenzeiten.
Gesundheit schützen und Verantwortung zeigen: Ihre Rolle im Arbeits- und Mutterschutz
Als Arbeitgeber tragen Sie eine besondere Verantwortung, wenn es um den Schutz schwangerer und stillender Mitarbeiterinnen geht. Es reicht nicht aus, die gesetzlichen Vorgaben zu kennen – Sie müssen sie auch aktiv umsetzen. Die Gefährdungsbeurteilung ist dabei ein zentrales Werkzeug, um Risiken frühzeitig zu erkennen und geeignete Schutzmaßnahmen zu ergreifen.
Gleichzeitig erfüllen Sie alle gesetzlichen Anforderungen und stärken das Vertrauen in Ihr Unternehmen als verantwortungsvollen Arbeitgeber.
Unsere Expertise als Fachkräfte für Arbeitssicherheit
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